Mouton Rothschild zwischen 1918 und 2018
Eine Verkostung voller Überraschungen
Als ich die Liste der Weine für die Verkostung, irgendwo im Underground von Zug, erhielt, war klar, dass der 2018er und der 1982er die zwei „Blue Chips“ der Probe waren. Die anderen Kandidaten waren 1994, 1987, 1976, 1960, 1952 und 1918
Niemand würde auch nur einen Cent auf einen Wein von 1960 setzen.
Eigentlich wissen wir das alle. Wein wird probiert und dann besprochen. Oftmals trifft jedoch das Gegenteil zu. Der 1960er hatte dennoch einen Vorteil. Da man so gut wie nichts von ihm erwartete, hatte er eine nicht zu unterschätzende Gelegenheit, zu überraschen!
Kurze Zusammenfassung
Der 1918er machte einen gelassenen und souveränen Eindruck, der 1952er war etwas müde, aber ehrenhaft. Der 1960er erinnerte daran, dass man einen Wein zuerst probieren und dann darüber diskutieren sollte, der 1976er überraschte alle mit seiner Form, mit Tanninen, die zwar nicht zu den feinsten gehörten, aber ein solides Rückgrat lieferten.
Der 1987er genoss den Schweizer Bonus (Etikett von Hans Erni) und hat einmal mehr daran erinnert, dass es Zeit war, ihn zu trinken, aber das macht er schon seit zwanzig Jahren so ! Der 1982er hat seine Rolle als Benchmark mit Fassung übernommen und der 2018er hat es sich erlaubt, ihn herauszufordern, indem er sich ohne Komplexe auf gleicher Höhe positioniert hat!
Verkostungsnotizen von Yves Beck
Château Mouton Rothschild 1918
Im Bouquet zeigen sich Noten von Caramel, Vetiver und Jod, das somit deutlich von seinen Tertiäraromen geprägt ist. Nach Belüftung kommen sogar Noten von roten Beeren zum Vorschein. Der Wein zeigt keine Anzeichen von Oxidation, höchstens ein wenig Ermüdung, was bei einem 107 Jahre alten Wein durchaus akzeptabel ist! Am Gaumen lebt der Wein von seiner Säurestruktur, die den Ton angibt. Das ist eigentlich die einzige Komponente, die neben einer verblüffenden Harmonie wirklich wahrnehmbar ist! Gerade dieser letzte Punkt ist besonders lobenswert ; er hat nicht viel, kann aber viel! Austrinken
Château Mouton Rothschild 1952
Recht intensives Bouquet mit Noten von grünem Curry und Malz, gefolgt von Schezuanpfeffer. Das Bouquet ähnelt einem Schwanengesang, aber man wird das Gefühl nicht los, dass er noch länger singen könnte! Am Gaumen besticht der Wein durch seinen schlanken Charakter und seine Eigenschaft, Temperament, Eleganz und Herbheit miteinander zu verbinden. All dies bekräftigt seine aktuelle Form und sein recht langes Finale, aber dennoch hat er seinen Zenit überschritten. Austrinken
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Château Mouton Rothschild 1960
Man trifft nicht oft auf einen 1960er Mouton (und anderer Weingüter), und manche werden vielleicht sagen, dass das auch gut so ist… Abgesehen von der Ironie ist anzumerken, dass der Wein sehr gut abschneidet! Er erinnert daran, dass man einen Wein erst probieren und dann darüber debattieren sollte… und nicht umgekehrt. Ein schlanker, saftiger Wein, der sich auf dem absteigenden Ast befindet, was ihn jedoch nicht daran hindert, Genuss zu bieten. Austrinken
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Château Mouton Rothschild 1976
Nuancen von Kräuter und Süßholz mit einem Hauch von Pumpernickel und Malz. Am Gaumen zeigt der Wein eine fleischige Seite bzw. recht präsente Tannine, sowie und genau hier überrascht dieser Mouton 1976 eine mundwässernde Säurestruktur. Dadurch wirkt der Wein harmonisch und genussreif. Eine schöne Überraschung! Jetzt bis 2036
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Château Mouton Rothschild 1982
85% Cabernet Sauvignon, 8% Cabernet Franc, 7% Merlot
Der Jahrgang 1982 ist legendär und die Beständigkeit dieses Weins über die Jahre hinweg beeindruckend! Edle Holznoten, Zedernholz und schwarze Beeren sind gleichermaßen präsent. Der Wein beeindruckt durch seine Frische, seine Säurestruktur und die Länge seines Finales. Ein Wein, der mir ein wenig in sich geschlossen erscheint, aber eine atemberaubende Energie aufweist. Mit Luft gewinnt er an Definition und Details. Ein Mouton 1982, der seine Rolle als Benchmark bestens erfüllt! Jetzt bis 2075
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Château Mouton Rothschild 1987
85% Cabernet Sauvignon, 8% Merlot, 7% Cabernet Franc
Nuancen von Curry, gerösteter Paprika und Mokka, gefolgt von einem Hauch von Cassis in diesem Bouquet; er schwankt also zwischen Müdigkeit und Ausdauer! Der Wein überrascht mit noch vorhandenen Tanninen, die mit der Säurestruktur einhergehen. Er hat zwar etwas weniger Körper als schon mal, aber er hat Kraft und Länge. Gerade als ich schreiben wollte, dass er auf dem absteigenden Ast ist, hat dieser „Kerl“ tatsächlich in der Karaffe zu neuer Jugend oder vielmehr zu neuem Leben gefunden! So kann ich einmal mehr schreiben, dass es Zeit ist, ihn zu trinken … Aber das tue ich schon seit 20 Jahren … und ich werde einfach nicht müde davon! Austrinken
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Château Mouton Rothschild 1994
80% Cabernet Sauvignon, 10% Merlot, 8% Cabernet Franc, 2% Petit Verdot
Die Charakterzüge der Mouton Familie sind sowohl in der Nase als auch am Gaumen unverkennbar. So gehen Noten von Graphit und Zeder, ergänzt durch einen Hauch von Minze und Hopfen, einem lieblichen Auftakt voraus. Die Tanninstruktur sorgt für Wucht. Sie ist nicht besonders fein, aber kräftig und verspricht gemeinsam mit der Säurestruktur ein außergewöhnliches Potenzial. Ein Wein, der sich weiterentwickelt und unsere Zuwendung verdient, da er weitgehend unterschätzt wird. Heute ist er zwar nicht besonders ausdrucksstark, aber das ist nur ein vorübergehender Zustand. Er verfügt über alle Komponenten, um zu den ganz großen Moutons zu gehören! Bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt. Jetzt bis 2045
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Château Mouton Rothschild 2018
86% Cabernet Sauvignon, 12% Merlot, 2% Cabernet Franc
Die Tiefe des Bouquets ist gleich zu Beginn erkennbar! Die Holztöne sind bestens eingebunden, schwarze Beeren, begleitet von Cacaobohnen und Graphit, dominieren, und der Wein scheint mir in eine außergewöhnliche Gelassenheitsphase eingetreten zu sein! Der für Mouton typische zarte Auftakt wird von kompakten, eleganten, samtenen Tanninen abgelöst, die für Kraft und Herbheit sorgen. Letztere bürgt nicht nur für die Gaumenaromatik, sondern auch für das anhaltende Finale. Ein bemerkenswerter Wein, der unsere Geduld verdient! Meiner Meinung nach kann er sich heute im direkten Vergleich mit dem 1982er bestens messen! 2028-2058
Alle Weine wurden von yvesbeck.wine alias Beckustator verkostet und bewertet.
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